Mafia: The Old Country führt uns zurück zu den Wurzeln der Mafia-Saga und entführt nach Sizilien zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Statt amerikanischer Großstadtflair erwartet uns eine düstere, traditionsreiche Welt voller Machtkämpfe, Familienbande und Verrat. Schon nach den ersten Minuten wird klar, dass die Entwickler den Fokus klar auf Atmosphäre und Story gelegt haben – und genau das funktioniert ausgezeichnet.
Eine packende Geschichte
Wir schlüpfen in die Rolle von Enzo Favara, einem jungen Sizilianer, dessen Schicksal ihn mitten in die Strukturen des organisierten Verbrechens führt. Von harter Zwangsarbeit in einer Schwefelmine über verzweifelte Fluchtversuche bis hin zum Eintritt in eine mächtige Mafia-Familie – das Spiel zeichnet eine Geschichte, die von Tragik, Loyalität und der ewigen Frage nach Ehre durchdrungen ist. Die Erzählung ist spannend, glaubwürdig und emotional packend. Vor allem die Zwischensequenzen sind so detailreich inszeniert, dass man oft das Gefühl hat, einem Film beizuwohnen.
Atmosphäre und Präsentation
Optisch ist das Spiel ein echter Hingucker. Die Städte, Dörfer und Landschaften Siziliens sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet, und selbst kleine Gassen oder verlassene Felder tragen zur dichten Stimmung bei. Besonders beeindruckend ist die Lichtstimmung: Sonnenuntergänge über den Hügeln, das Spiel von Schatten in engen Straßen oder das Wetter, das plötzlich umschlägt – all das zieht einen noch tiefer in die Welt hinein.
Auch der Sound verdient großes Lob. Die Musik ist stets passend gewählt und unterstreicht die emotionale Tiefe vieler Szenen. Dazu kommen authentische Geräuschkulissen – von Stimmen auf den Märkten bis hin zu Schüssen in engen Gassen. Die Sprachausgabe ist hochwertig und verleiht den Figuren zusätzliche Glaubwürdigkeit.
Gameplay zwischen Tradition und Moderne
Spielerisch setzt Mafia: The Old Country auf eine Mischung aus klassischen Third-Person-Shootouts, Nahkämpfen und Stealth-Einlagen. Mit Pistolen, Gewehren oder Schrotflinten fühlen sich die Feuergefechte wuchtig und befriedigend an. Dazu gibt es Schleichpassagen, in denen man unauffällig vorgehen und Gegner lautlos ausschalten muss. Ergänzt wird das Ganze durch das Kampfsystem mit Messern, das zunächst für Spannung sorgt, nach einigen Wiederholungen aber etwas an Reiz verliert. Gerade beim dritten oder vierten fast identischen Duell wirkt es eher wie ein Pflichtprogramm als ein Highlight.
Die offene Spielwelt ist weniger ein vollwertiges Sandbox-Paradies, sondern eher eine Kulisse für die Geschichte. Während der Missionen sind viele Bereiche abgesperrt, doch nach Abschluss der Story lässt sich die Welt frei erkunden. Hier wartet einiges an optionalen Inhalten – darunter Sammelgegenstände, die zusätzliche Hintergrundinformationen oder kleine Boni freischalten. Schade nur, dass man diese nicht auf der Karte markieren kann. So verbringt man oft unnötig viel Zeit mit Suchen, statt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Pacing und Abwechslung
Trotz kleiner Schwächen im Detail überzeugt das Pacing. Die Story-Missionen wechseln geschickt zwischen ruhigen Dialogszenen, actionreichen Gefechten und emotionalen Momenten. Man hat nie das Gefühl, dass sich die Geschichte zu sehr zieht. Besonders gelungen ist der Aufbau der Mafia-Karriere: Von einfachen Botengängen über riskante Attentate bis hin zu großen Entscheidungen wächst Enzo immer weiter in seine Rolle hinein. Das macht Spaß und motiviert, dranzubleiben.
Umfang und Wiederspielwert
Mit rund 15 Stunden Spielzeit auf normalem Schwierigkeitsgrad bietet Mafia: The Old Country eine ordentliche Länge. Wer wirklich alles entdecken möchte, verbringt noch einmal deutlich mehr Zeit in Sizilien. Zwar fehlt es an großen spielerischen Überraschungen beim erneuten Durchgang, doch die dichte Atmosphäre und die Lust auf Vollständigkeit sorgen dafür, dass man gerne noch einmal zurückkehrt.
Persönliches Fazit
Mafia: The Old Country ist ein stark inszeniertes Abenteuer, das besonders durch seine Atmosphäre, seine packende Geschichte und seine großartige Präsentation überzeugt. Die Spielwelt atmet Authentizität, und sowohl Sound als auch Optik tragen viel dazu bei, dass man sich tief in das Sizilien dieser Zeit hineinversetzt fühlt.
Allerdings gibt es zwei Punkte, die den Gesamteindruck etwas schmälern: Zum einen hätte die Möglichkeit, Sammelgegenstände auf der Karte zu markieren, viel Frust erspart. Zum anderen nutzen sich die immer gleich ablaufenden Messerkämpfe nach einigen Wiederholungen ab. Beides sind keine großen Makel, aber Punkte, die man in einem kommenden Update oder Nachfolger gerne verbessert sehen würde.
Abgesehen davon ist es jedoch ein rundum gelungenes Mafia-Erlebnis, das alte Tugenden mit moderner Technik verbindet und Fans wie Neueinsteiger gleichermaßen fesseln kann. Wer eine starke Geschichte mit glaubwürdigen Figuren und packender Atmosphäre sucht, wird hier definitiv fündig.



